Tag 11: In einer anderen Welt...

 

Der heutige Tag steht ganz im Zeichen der typischen touristischen Attraktionen. Tempel. In Varanasi stehen rund 2.000 dieser Bauten. Unbedingt ansehen möchte ich mir den Golden Tempel (Vishwanath Temple). Zu Fuß bin ich ersteinmal an einem asiatisch anmutenden Tempel, dessen Namen ich nicht weiß, angekommen. Ein sehr schönes Gelände mit sehr schönen aufwändig verzierten bunten Bauten. Andächtige Stille. Blumen, Räucherstäbchen und viele Gläubige.

 

Da ich auch den Namen des zweiten Tempels und dazu auch noch den Stadtplan vergessen hatte, konnte ich dem Rikschafahrer, der mich auf der Straße einsammelte, keine genaue Auskunft darüber geben, wohin ich eigentlich wollte.  Gelandet bin ich auf dem Universitätsgelände der Benaras Hindu University, auf dem sich der Vishwanath (Birala) Tempel befindet. Auch schön. Das Gelände ist riesig und sehr sauber. Das möchte ich hier nicht unterwähnt lassen, da in Indien viel Müll auf den Straßen, Wegen und Plätzen liegt und die Umgebung ziemlich dreckig ist. Ein Rikschafahrer - diesmal mit Fahrrad und Doppelsitz - bot mir an, mich zum Tempel zu radeln. Tapfer strampelt der zierliche Mann den gefühlt nicht enden wollenden Weg mit mir auf dem Gepäckträger Richtung Zielort. Er kämpft. Ich kämpfe auch. Irgendwie mit meinem schlechten Gewissen.

 

 

An beiden Orten beobachte ich die Gläubigen. Ich bewundere die offen ausgelebte Gläubigkeit und Hingabe sehr. Hier wird eine Religiösität gelebt, wie ich sie zuvor nicht kannte. Gebete, Mantras, demütige Verbeugungen, Räucherstäbchen, Blumen, Wasser und vieles mehr.

 

 

Nachdem ich im Außengelände ein paar Leute mit einem lecker aussehenden Getränk rumlaufen sehe, übt der Kaffeestand magische Anziehungskraft auf mich aus. Ich bin mutig und kaufe mir für 30 Rupie (0,40 Euro) den kalten Kaffee mit Eis und Schokoladensoße. Das scheint hier ein sehr beliebtes Getränk zu sein. Ein Genuss! Ich hoffe nur, mein Darm schafft das.

 

 

Am Abend möchte ich mir das allabendliche Feuerritual „Aarti“ am Dashashwamedh Ghat nicht entgehen lassen. Dieser Ghat ist einer der wichtigsten und buntesten Ghats am Ganges. Mich erwarten Menschenmassen, Musik, Feuer, Nebel, Blumen und bunte Lichter. Männer in aufwändig bestickten Gewändern bewegen sich synchron zu den rhythmischen religiösen Gesängen und Glockenklängen, schwenken Räucherstäbchen und Feuerschalen. Für 200 Rupie (2,50 Euro) bekomme ich Eintritt in ein Haus, von dem aus ich die Zeromonie von oben beobachten kann. Für mich: Einfach atemberaubend. Das Erlebnis einer anderen Welt.

 

 

Im Anschluss mache ich mich auf die Suche nach dem Restaurant, welches mir ein Rikschafahrer empfohlen hatte. Unterwegs erfülle ich noch ein paar Selfiewünsche, denn mittlerweile bin ich hier ein beliebtes Fotomotiv, und wimmle die vielen Shopbesitzer, die mich in ihre Läden lotsen wollen, ab. Hier muss man wirklich sehr konsequent „nein“ sagen können und auch dabei bleiben.

 

 

So schön das Erlebnis heute auch war, so nachdenklich stimmen mich auch die Bilder bettelnder Menschen mit dreckiger, zerschlissener Bekleidung und knochigen Körpern. Inmitten der Menschenmassen kauernd am Straßenrand. Ihre ausgestreckten Hände flehen stumm.

PS: Bilder vom Tempel folgen...